Spannend festgehalten mit 89: Wie der „Bui“ aus Oberpullendorf ein Vielreisender bei der Weltbank wurde

Knapp 90 Jahre ist Anton Faymann und was er heute in Dörfl vorhat, ist selbst in seinem bewegten Leben komplett neu. „„Ich hatte nie die Absicht, etwas über mein Leben zu schreiben. Aber es kam anders”, so beginnt der Lebensbericht, der während der Pandemie entstand und einen weiten Bogen schlägt. Es sind nicht die Jahreszahlen, die ganz vertraut klingen, es ist eine andere Welt, mit der das Buch erstaunt. Das beginnt bei der Karriere des spätberufenen Autors selbst: Über den Umweg Australien führt sie vom Fleischerhandwerk und dem Gasthaus zur Weltbank und in Länder wie Gambia, die es im Schulatlas des 1933 geborenen Burgenländers noch gar nicht gab.

„Ich musste mitansehen, wie meine Mutter und mein Großvater täglich bis zu sechzehn Stunden und mehr im Geschäft tätig waren. Sieben Tage in der Woche jahraus, jahrein.” Die Doppellehre als Kellner- und Fleischer trat Faymann entsprechend widerwillig an, ist in seinen „Erinnerungen eines Buben auf dem Lande“ zu lesen. Und doch zählt diese versunkene Disziplin zu den Passagen, die nachdenklich machen. Erst mit 21 Jahren geht es in die weite Welt hinaus, mit einem neuen Vorsatz kehrt der Oberpullendorfer aus Übersee heim. Nach der Externisten-Matura und einem Studium an der Hochschule für Welthandel wird aus dem „Fleischerbui“ ein Diplomkaufmann und Doktor für Tourismusplanung.

Der weitere Lebensweg ergibt eine spannende Lektüre, immerhin begegnen wir Faymann als Experte der UNO in Afghanistan und Chile, später für die Weltbank in Gambia und der Dominikanischen Republik. Dass der Kosmopolit Anton Faymann zur Präsentation seiner Lebenserinnerungen aus Madrid nach Dörfl reiste, passt da ins Bild. Im Übrigen zeichnet der Band, der auch seine Verlegerin im Burgenland (nämlich Gols) fand, ein durchaus exotisches Bild der versunkenen Zeit.

Sie reicht bis in die 1880er Jahre zurück, wenn vom Leben des Großvaters die Rede ist. „Er hatte zwei leichte Pferde und war mit seiner Kutsche (Kalesche) oft tagelang zwischen Wien und Budapest unterwegs. Sein Kutscher hieß Janos und wenn sie nicht gerade unterwegs waren, half er auf den Feldern. Mein Großvater war äußerst bekannt für seine starke Stimme. Am Eingang zur Gastwirtschaft gab es einen erhöhten Vorbau aus Beton mit Stufen. Wann immer mein Großvater losfahren wollte, und Janos war auf dem Felde, ging er hinaus auf den Vorbau, legte beide Hände an den Mund und rief: ‚Janos, einspannen!‘, und Janos, der oft mehr als einen Kilometer weit auf einem Felde arbeitete, kam nach Hause und spannte ein.

Und als eine Sekretärin feststellt, dass auch der Enkel „keine Stimme, sondern ein Nebelhorn“ habe, schließt sich der Kreis zum Opa. Denn diese Dörfler Stimme erschallte nun in ganz anderen Weltgegenden. Und man kann sie, unsentimental aber präzise, zwischen den Zeilen gut hören. Wenn sie über eine burgenländische Kindheit im Krieg und das Dorfleben im Raum Oberpullendorf erzählt….

TIPP: „Anton – Erinnerungen eines Buben auf dem Lande“ ist erschienen im Verlag Margarete Tischler und dort – sowie im Buchhandel – um 24 Euro zu beziehen